Cloppenburg – Jedes Jahr hat einen Sommer ‒ und mit ihm die übliche wiederkehrende Möbelbranchen-Sommerdiskussion. Natürlich hat das Wetter einen Einfluss auf das Kaufverhalten des Konsumenten. Doch hofft die Branche auch in diesem Jahr wieder, dass die wetterbedingt verschobenen Einkäufe dann in den kälteren Monaten realisiert werden können. Das aktuelle Plus von 1 Prozent ist definitiv zu wenig. Entscheidende Wachstumsimpulse für die deutsche Möbelbranche kommen aus dem Ausland. Dort zahlt sich der gute Ruf von Möbeln „Made in Germany“ noch aus. Dies, da deutsche Qualitätsmöbel im anspruchsvollen Auslandsmarkt eine höhere Wertschätzung als im Inland genießen. Genau aus diesem Grunde darf man in den Export Hoffnungen setzen. Und, die Umsätze sind insgesamt sicher zu niedrig, als dass sie in die aktuellen Probleme mit Schutzzöllen geraten könnten.
Doch ist zur aktuellen Lage von deutschen Möbelherstellern und -händlern wenig Aufmunterndes zu sagen. Die bekannten betriebswirtschaftlichen Indikatoren drehen sich derzeit gegen „schlechter“, ein großer Teil der Branche schwächelt, es geht abwärts. Glücklicherweise gibt es positive Ausnahmen, aber leider nicht genug. Das wird sich auch so schnell nicht ändern lassen. Die sehr informative Presse-Verlautbarung des VDM (Autor: Jan Kurth) vom 27. August 2018 zeigt die Problemzonen deutlich auf. Es wurden Unmengen von Zahlen erhoben, ein positives Signal lässt sich daraus nicht ablesen. Es ist schön, dass die deutschen Polstermöbel-Produzenten so gut in die Schweiz verkaufen. Dass gleichzeitig so viele Polstermöbel aus Polen zu uns kommen, wird die dadurch arbeitslos gewordenen Polsterer in Deutschlands Möbel-Hochburgen trotzdem nicht aufmuntern.
Stark im Export
Die Exportquote steigt insgesamt auf 32,6 Prozent und die Exporte in die USA, nach China und Russland boomen. Trotzdem lässt sich die Exportquote sicher noch steigern. Über den Export kann eine inländische Nachfrageschwäche teilweise ausgeglichen werden. Wenn nur nicht, wie schon geschrieben, auch bei Möbeln Handelshemmnisse aufgebaut werden. Verglichen mit anderen Industrien liegt die Möbelbranche mit 32 Prozent Exportanteil nicht besonders hoch. Die Steigerung der Exportquote in den letzten Jahren ist eine beachtliche Leistung. Auf die handelspolitischen Abläufe in Großbritannien hat die deutsche Möbelindustrie wenig Einfluss. Es bleibt zu hoffen, dass der Brexit für den Möbelexport glimpflich verläuft.
Probleme mit «Beratungsdiebstahl»
Dass sich Kunden zunehmend im Internet informieren, ist zu begrüßen. Wenn es dem Hersteller per Internet-Auftritt gelingt, den Interessenten vom Wert, den Möglichkeiten und der Qualität seines Produktes zu überzeugen, dann kann das Internet ein hilfreiches Medium zur Verkaufsförderung sein. Es wäre gut, wenn über das Internet zusätzlicher Umsatz generiert werden kann. Aber: Das Probe-Sitzen, die Planung einer Küche, die Auswahl von Stoffen – das wird online schwierig. Da kommen wir dann zu dem Problem „Beratungsdiebstahl.“ Beim Händler die Informationen zum Produkt beschaffen, um dann im Internet, weil vermeintlich oder tatsächlich günstiger; zu bestellen. Derzeit werden bereits über 200 Onlineshops gezählt. Die großen Anbieter werden das Rennen machen. Dort werden sich hoffentlich nicht die Spielregeln wie bei den Textilversendern durchsetzen: Für die Familienfeier eine schöne Sitzgruppe ordern, die dann nach der Party zu Lasten des Lieferanten retourniert wird.
Aufbruch kann nicht statt finden
Lt. Branchenverbänden und einigen befragten Unternehmen möchte die Möbelindustrie neue Arbeitsplätze schaffen, um einen Aufbruch zu wagen. Nur: Wo sollen die zusätzlichen qualifizierten Voll-Arbeitskräfte herkommen? Der Markt ist europaweit leergefegt. Obwohl die Industrie versucht, sich vor allem dem Kostendruck, aber auch dem Personalmangel, mit einem höheren Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad zu widersetzen, bleibt der Mangel an Fachkräften ein Problem. Aber auch die steigenden Materialkosten treffen die Branche massiv. Und auch Frachtkosten, Straßenmaut, Gewerbesteuer und andere Kosten steigen permanent. Keine Institution sorgt dafür, dass in irgendeinem Bereich eine Entlastung geschaffen wird.
In der Zange der Einkaufsverbände und europäischen Herstellern
Zu den bereits erwähnten Problemen kommt die Entwicklung, dass sich die Einkaufsverbände in ihren Mitgliedsstrukturen immer wieder gravierend verändern. Es ist keine Konstanz vorhanden.Große Möbelhändler, mit Milliarden Umsätzen, wachsen stetig durch Zukäufe im europäischen Raum.Exklusive Produkte für eigene Ordermessen, steigern bei den Herstellern die Komplexität in der Produktvielfalt und damit die Kosten, ohne dass sich dies positiv auf die Erträge auswirken würde, da die Preise vom Handel vorgegeben werden. Auf der anderen Seite drängen immer mehr qualifizierte Möbelhersteller aus den Ländern, aus denen bisher hauptsächlich Zulieferungen kamen, mit eigenen Kollektionen auf den europäischen Möbel-Markt. Hersteller die sich mit eigenem Know How und Zuschüssen aus den europäischen Kassen einen leistungsstarken Produktionsstandort aufgebaut haben.
Nur noch 26% der Hersteller optimistisch
Laut der aktuellen VDM-Presseveröffentlichung bewerten nur 26 Prozent der befragten Möbelproduzenten die wirtschaftliche Lage als gut. Daran, dass die restlichen 74 Prozent unzufrieden sind, muss sich dringend etwas ändern. Nur, wer soll da eingreifen können und die Situation für Produktion und Handel grundlegend verbessern? Es wird immer mehr eine europäische Möbelbranche entstehen. Der Markt geht seinen Weg – das ist gelebte freie Marktwirtschaft. Der immer wieder gerne bemühte Satz: „Lasst uns doch gemeinsam in Deutschland die Branche retten“, ist eine nicht erreichbare Vision.
Wie könnten die Deckenbeiträge erhöht werden?
Doch woher lässt sich eine Erhöhung der Deckungsbeiträge zaubern? Eine Stellschraube für die Branche ist die Senkung von Reklamationskosten. Der Umgang mit Möbeln wird weiterhin teilweise zu nachlässig gehandhabt. Egal ob Konsument oder Werker, jeder glaubt, tatsächlich Möbel fachgerecht aufstellen zu können – leider ein Trugschluss. Analog zur Fachschule des Möbelhandels wäre das weitere Bestreben eine Fachschule oder Fachausbildung zum Möbellogistiker erforderlich. Diese Weiterbildung muss aber auch von den Betrieben, als Personalentwicklung, genutzt werden. Hier würde sich jede Investition lohnen.
Eine Prognose:
Der Weg zur „Europäischen Möbellandschaft“ ist vorgezeichnet. Das bedeutet, dass Möbelhersteller und Möbelhändler immer mehr europäisch denken müssen. Dies, da Global Player den Weg vorgeben und weiter zum Wachstum verdammt sind. Dieser Weg ist nicht aufzuhalten. Die Konzentration in der Branche, über Zukäufe und / oder Partnerschaften, wird weiter massiv, grenzüberschreitend, vorangehen. Bei den Importeuren heißt es weiter „go east“ und auch Berichte über Insolvenzen von Branchenunternehmen in Deutschland gehören zu den täglichen News.
Das persönliche Fazit des Autors:
Es tut mir leid, dass meine Betrachtungen so negativ ausfallen. Auch kann ich mit meinen Einschätzungen völlig danebenliegen, weil Prognosen immer dann besonders schwierig sind, wenn sie die Zukunft betreffen.
Jeder Produzent sollte sich mit folgenden Themen befassen: